Aus der Chronik der Gemeinde Niefern-Öschelbronn:

FUCHS und GRÄSSLE

Oßwald Fux, Maurer aus Tyrol, ist der erste Einwanderer, der nach dem 30-jährigen Krieg in Niefern erscheint. Er heiratet 1653 Anna Barbara Bentzinger, die Tochter des verstorbenen Jacob Bentzinger und stirbt 1685 im Alter von 54 Jahren. Sein Sohn Oßwald (1657-1727) und sein Enkel Johannes Oßwald  (1684 -1734) sind ebenfalls Maurer.

Hans Fux, Bauer aus Tyrol, heiratet 1663 Anna Maria Schäfer, die Tochter des Hans Schäfer in Niefern. Er hat mit ihr 9 Kinder, es überleben aber keine männlichen Nachkommen. Er stirbt in Niefern 1684 im Alter von 47 Jahren. Offenbar sind Hans und Oßwald Fux nahe Verwandte, vielleicht Brüder oder Vettern, die miteinander ausgewandert und hierher gekommen sind. Etwas später taucht ein Johannes Fuchs als herrschaftlicher Weingärtner in Niefern auf. Er bringt seine Frau und einen Sohn Johannes mit und stirbt 1743 im Alter von 60 Jahren. Von Johannes und Oswald stammen alle "Fuchs" in Niefern ab. Es müssen aber noch weitere Träger dieses Namens in unsere Region eingewandert sein. Zum Beispiel stirbt 1701 in Neuhausen Anna Fuchsin, "ein Kind aus Tyrol", und 1703 Caspar Fuchs aus Tyrol.

Anthonius Gräßlin, ebenfalls Maurer aus Tyrol, war zweimal verheiratet, zuerst mit Anna, dann mit Christina N.N. Er starb 1708 , ein Pontificio, vieljähriger Bürger allhie, im Alter von 78 Jahren. Vier Söhne sorgten für den Fortbestand und die Verbreitung der Sippe: 1. Hans Christoph (1664-1707) war wie sein Vater Maurer. Sein Sohn Andreas erlernte das Schuhmacherhandwerk, ebenso wie der Enkel Christoph und dessen drei Söhne. Diese Linie verzweigte sich weit und setzte sich bis heute fort, vorzugsweise waren es später Bäcker und Metzger.

2. Hans Paul (1666-1710) begründete die Linie der Gräßle in Königsbach. 3. Anthonius (geb. 1679) war ebenfalls Maurer. Seine Linie endete im 19. Jahrhundert. 4. Johannes (1682-1765) wurde Schreiner und gab dieses Handwerk an seine beiden Söhne weiter. Drei Enkel waren wiederum Schreiner, in den folgenden Generationen tauchten neben Zimmerleuten auch wieder Maurer auf. Auch diese Linie erlosch im 19. Jahrhundert.

(Der Familienname "Gräßle" gehört zu den verbreitesten in Niefern, um 1900 finden wir 13 Familien dieses Namens, 1996 zählen wir 30 Eintragungen im Telefonbuch Niefern-Öschelbronn, in Pforzheim 10, in Königsbach 7.) Pauly Gräßlin, Maurer, Sohn des Hans Gräßlin aus "Otterswang" in Tyrol, heiratete am 11. 2. 1668 die 21 jährige Tochter des Hans Weber in Niefern. Leider starb er schon bald nach der Geburt seines ersten Kindes am 23. 11. 1668 offenbar nach längerer Krankheit. Es ist anzunehmen, daß er ein Bruder oder Vetter des Anthony Gräßlin war, und wie dieser blieb er seinem katholischen Glauben treu. Im Totenbuch ist eingetragen: weil er aber auf seinem papistischen Aberglauben verblieb und . . . . . in seiner wehrend langwierig Krankheit unvermahl begraben (Offenbar hat der Pfarrer noch versucht, den kranken Mann zu "bekehren", ihn aber dann doch ohne Abendmahl begraben müssen.)

Immerhin verdanken wir dem Pauly Gräßlin den entscheidenden Hinweis auf die Heimat der Ausgewanderten. Bei "Otterswang" handelt es sich nämlich um die Gemeinde Heiterwang im Bezirk Reutte in Tirol. Der Ortsname wird in der dortigen Mundart "Oaterwang" gesprochen. Dort erscheinen im Taufbuch um 1687 ein Anton Greßl. Im 18. Jahrhundert ist die Familie Gressle im nahen Berwang verbreitet, und der Name kommt in dieser Zeit auch in Axams, Wenns und Gries am Brenner vor.

Die Auswanderung von Bauhandwerkern im 17. Jahrhundert aus dem Bezirk "Außerfern" (das Land westlich des Fernpasses und südlich von Reutte) hat Othmar Aschauer  in einer Dissertation "Das Bauhandwerk in Außerfern" im Jahr 1962 untersucht und zusammengefasst. Danach sind vor 1700  nach Baden 77 Personen, nach Württemberg 31 Personen ausgewandert. Aber erst seit 1703 sind  Namen, Herkunft  und Wanderziele der Wander-Handwerker in "Zunftladen" und "Pfarrladen" erfasst. Aus Heiterwang sind danach Christian Gressle, Meister, und Martin Gressle, Lehrjunge, ausgewandert. Zu dieser Zeit hatten die Gräßle in Niefern längst das Bürgerrecht.

Dr. German Gräßle in Kitzbühel hat sich eingehend mit der Sippe Gräßle im Bezirk Reutte auseinandergesetzt und eine Chronik für den Ort Namlos / Kelmen (bei Berwang) verfasst. Nach seinen Feststellungen kamen die "Gräßle" aus Pfunds im Oberinntal, und besiedelten Gebiete in den Höhenlagen des Außerferns. Im Untertanenverzeichnis von 1427 des Landesfürsten von Tirol erscheint ein Hans Gräsl als Bewohner von "Namels aus dem Perg" (heute Namlos). Dann folgt ein Christian Greßlin, der übrigens 103 Jahre alt wurde, als Mitkäufer des Gebietes um Namlos.

Aus Urkunden und mündlichen Überlieferungen hat Dr. German Gräßle noch folgendes festgestellt (hier verkürzt wiedergegeben): Bis Mitte des 15. Jahrhunderts war das Namloser Feld mit Fichtenholz bewachsen, das von den Bürgern von Imst nach Augsburg verkauft wurde. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Gebiet von Leuten aus dem damals übervölkerten Pfunds gepachtet und dann 1583 gekauft. Es entstanden  acht Bauernhöfe, wobei bereits bestehende Alm- und Holzerhütten ausgebaut oder als Baumaterial verwendet wurden. Bei der Renovierung eines Hauses fand man anfangs des 19. Jahrhunderts einen Balken mit der Jahreszahl 1441. Die Kaufurkunde von 1583 ist in einer Abschrift erhalten: Sie enthält unter anderen die Namen Christian Greßlin und Oßwald Fux. Nach dem 30-jährigen Krieg war die Not sehr groß, und viele Leute aus der Gegend zogen als Knechte, Handwerker oder Kaufleute ins Ausland, um dort ihr Brot zu verdienen. Insbesondere waren es solche Männer, die auf Grund der Erbrechte besitzlos blieben und auch nicht in besitzende Familien einheiraten konnten.

Übrigens: Schon 1562  erscheint in Öschelbronn ein Aquila Grässlin, verheiratet mit Anna Munnich. Er hat mit ihr 6 Kinder, über deren Schicksal nichts bekannt ist. Auch über die Herkunft des Vaters wissen wir nichts. Die Schreibweise des Namens "Gräßle" wechselt, man schreibt wie man es hört: Gräsl, Gräslin,Greßl, Greßlin, Gressle, Gräßlin; in Niefern wird im 19. Jahrhundert aus "Gräsle" meistens "Gräßle". Der Name "Fux" wird bald als "Fuchs" geschrieben. Eine gesicherte Erklärung des Namens "Gräßle" gibt es nicht. Doch ist der Gedanke, daß er mit  "Grasland" in Verbindung steht, durchaus nicht abwegig, wenn man die Zeit des Entstehens und den Dialekt berücksichtigt. Die Fruchtbarkeit der Almwiesen wurde auch in Urkunden so dargestellt, daß man von so und so viel "Gräsern" sprach. Heute (1996) kommt der Name "Gräßle" in  Reutte 11-mal, in Heiterwang nicht mehr vor. In Innsbruck erscheint er dagegen recht zahlreich im Telefonbuch. In dem kleinen Flecken Namlos leben noch 2 "Gräßle" und 6 "Füchse", wie uns ein alter Bauer im Jahr 2000 erklärte, der noch genau wusste, daß diese Familien vor langer Zeit aus Pfunds hierher umgesiedelt wurden.

Mit freundlicher Unterstützung von Herrn Friedrich Leicht, Niefern.  Vielen Dank